Sonntag, 27. Dezember 2009

Rückschau; Lesung am 14. Januar: DANIEL HOTH - PAUL WEIGL - JAN PAPKE

Im Oktober 2008 hatte er seinen ersten Auftritt in der Berliner Poetry-Slam-Szene. Frischfleisch, sagen die eingefleischten Slammer zu den Neulingen, und natürlich ging es das erste Mal voll daneben. Aber genau das ist es ja meistens, was einen weitermachen läßt. Es folgte eine ausgewachsene Tournee über die Poetry-Slam-Bühnen der Republik von Berlin bis Potsdam, von Erfurt bis Leipzig und Kassel, von Tübingen nach Marburg und - ausgerechnet - Schaffhausen und zurück nach Berlin. Vermutlich hat kein Slampoet 2009 auf mehr Bühnen gestanden. Und es hat sich gelohnt: Im Juli 2009 hat Daniel Hoth den Poetry Slam im Prater gewonnen, gegen die durchaus sehr illustre Creme de la Creme der Szene. Zu Recht, da waren sich alle einig. Was Daniel Hoth auszeichnet, sind Texte, die "mal direkt und mal metaphorisch formuliert, aber immer persönlich" sind. Lyrik vom Feinsten - davon zeugen schon die Titel: Ein Sonett, um seinetwillen geschrieben zum Beispiel, oder auch Ein Meer voll Nimmermehr, mit dem er besagten Poetry Slam im Prater gewann.



Paul Weigl ist im Neuköllner Saalslam zuhause. Das ist im Saalbau Neukölln, für alle, die es nicht wissen, also gleich um die Ecke. Außerdem tourt er mit seinem Solo-Programm Ansichten eines Arschlochs seit Anfang 2008 durch Deutschland. Darin versucht er zu beweisen, dass alles Tugendhafte sich am Ende als sein Gegenteil erweist. Die Texte - teils ernst, überwiegend aber brachial und martialisch - rechnen schonungslos mit Dingen wie "Ehrlichkeit, Optimismus, der Liebe und der Menschheit" an sich ab. Aber es heißt ja, Einsicht wäre der erste Schritt zur Besserung.



Jan Papke ist ansonsten Sänger und Gitarrist von Im Ich, dem Berliner Grungerockmonster. Die Band hat dieses Jahr ohnehin eine Akkustik-Tour geplant, aus dem Programm gibt es vorab schon mal ein paar Solo-Songs. Und weil der Abend ja sowieso schon so lyrisch und philosophisch wird, funktioniert die Musik für den Tief- und Untergrund diesmal auch ohne viel Lärm. Underground fürs Wohnzimmer, sozusagen.

Daniel Hoth, Paul Weigl und Jan Papke im ORi: das ist eine Premiere, die sich sehen, vor allem aber hören lassen kann.

Daniel Hoth - Paul Weigl - Jan Papke
am Donnerstag, 14. Januar 2010
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz

Rückschau: Lesung am 07. Januar: AHNE


Es hat sich vermutlich noch niemand Gedanken gemacht, wie die Menschen zu nennen wären, die 1968 geboren wurden – 68er ja ganz sicher nicht. Aber was auch immer den Soziologen an schönen Bezeichnungen für diese Generation noch einfallen wird, Ahne gehört jedenfalls dazu. Geboren vor den Toren der Hauptstadt, in Berlin-Buch, wurde die Wende für ihn ein Glücksfall: vom gelernten Drucker wurde Ahne zum Hausbesetzer, Vater, Autor, und schließlich Gottes wichtigster Ansprechpartner in irdischen und himmlischen Dingen. (Dass Gott Berliner ist und natürlich im Prenzlauer Berg in der Choriner Straße wohnt, hatten viele schon lange geahnt. Inzwischen wird es aber wohl nur noch von der katholischen Kirche bezweifelt, ansonsten hat es sich aber überall herumgesprochen. Außerdem hat Gott regelmäßig Interviewtermine auf RadioEins.) Langjähriges Mitglied der Surfpoeten und der Reformbühne Heim&Welt, ist Ahne mittlerweile auch auf Buchrücken und in Verlagsprogrammen zu finden. Dieser Schritt bekommt nicht allen Autoren gleichermaßen gut. In Ahnes Fall aber waren die Literaturkritiker – Profis und Amateure gleichermaßen - durchweg begeistert:
„Echt knorke!“ urteilte kulturnews.de über die Zwiegespräche mit Gott. Voll des Lobes war auch die FAZ: „Etwas Nonsens, eine Prise Anarchismus“ hieß es dort zu Was war eigentlich morgen. Und beim Erscheinen von Wie ich einmal die Welt rettete war zu lesen, "dass auch Dilettantismus eine hohe Kunst ist.“ Die FAZ blieb Fan, sie attestierte eine erstaunliche „Sicherheit auf dem schmalen Grat zwischen Schulaufsatz und Genialität, wo Charme, Komik, gespielte Naivität und Geistesblitze zusammenfallen“ und nannte den Autor „die Avantgarde der Unambitioniertheitsdarsteller aus der Elite der Dilettanten." Der Spiegel macht Ahne schlicht zur „zentralen Figur“ der Berliner Lesebühnenszene und versprach „Unterhaltung jenseits von RTL“. Amazon begnügte sich mit der Feststellung „Nonsens für Fortgeschrittene“, und ein Leser attestierte „Dadaismus pur“.

Diese kurzen Zitate vermitteln vielleicht eine ungefähre Vorstellung davon, was man als Gast bei einer Ahne-Lesung zu erwarten hat. Zur Warnung sei für alle Fälle noch die taz zitiert, die als einzige aus der Reihe tanzte und bemerkte, dreihundert Seiten Ahne auf einmal - soviel umfasst ungefähr Ich fang nochmal von vorne an - seien schlicht und ergreifend unverdaulich. Dem können wir nicht zustimmen. Wir finden eher, dass man von Ahne gar nicht genug bekommen kann. Und naürlich am besten live.

Ahne
am Donnerstag, 07. Januar 2010
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz

Samstag, 26. Dezember 2009

In eigener Sache: GROSSE WORTE


Liebe Freunde,

Weihnachtsfeiertage, Jahreswechsel und andere derartige Ereignisse im Kalender verleiten ja gerne zu weitschweifenden Rück- und Ausblicken, wenn nicht gleich zu Dank- und Grußworten. Das ist zwar - ebenso wie die guten Vorsätze - ansteckend, aber zum Glück heilsam.
Trotzdem können wir den Jahreswechsel nicht völlig unkommentiert vorübergehen lassen. Immerhin ist einiges passiert. The Show Must Go On, heißt es im Branchenjargon. Zwar haben wir versucht, der Weltwirtschaftskrise mit internationaler Arbeitsteilung und Outsourcing in osteuropäisch Billiglohnländer zu begegnen. Aber das Leben war trotzdem nicht immer einfach. Das wissen alle Beteiligten, und deshalb soll der erste Dank an dieser Stelle an das ORi gehen und an die Menschen, ohne die unsere Lesebühne kein Zuhause hätte. Allen voran an Stephan und Benny, die mit bewundernswerter Ausdauer und unzerstörbarem Optimismus hinter dem Tresen stehen und den Laden schmeißen. Natürlich geht unser Dank ebenso an alle Autoren und Autorinnen, die zum ersten oder zum wiederholten Male bei uns aufgetreten sind und gelesen haben. Und natürlich bedanken wir uns bei unserem heißgeliebten Publikum, ohne das alles, was wir machen, überhaupt keinen Sinn hätte.

Nun hoffen wir auf eine neue Dekade, Licht am Ende des Tunnels, Aufschwung und 90er-Revival sowie gute Zusammenarbeit, trinken einen Gin Fizz auf den Reuterkiez und wünschen Euch allen ein wundervolles, neues Jahr 2010!