Sonntag, 13. November 2011
Rückschau: Lesung am 5. April: JAN WAGNER - RUND UM DEN KOMPASS
(c)Villa Massimo - Alberto Novelli
„Jan Wagner erneuert das Gedicht als kürzeste Gattung der Erzählkunst.“ FAZ
Sprache wird auf Kundschaft ausgeschickt. Australien zeigt den Lyriker Jan Wagner als Reisenden, rund um den Kompass und ans andere Ende der Welt, quer durch Raum und Zeit. "Man ist glücklich in Australien, / sofern man nicht dorthin fährt" - diese Verse von Alvaro de Campos hat Jan Wagner zum poetischen Programm einer Weltreise umgemünzt. Auch in Achtzehn Pasteten wandert ein Nomadenauge durch die Welt, das sich mit Vorliebe an Einzelnes, Flüchtiges heftet, das von Amerika bis nach Litauen blickt, hinauf zu den Sternen und hinab ins Bergwerk. Alle Jahreszeiten wehen durch dieses Panorama, am nachdrücklichsten der Winter mit dem Schnee, überall funkelt es, nicht nur am Esstisch, und ob die Pasteten das Zentrum dieser lyrischen Landschaft bilden, wird für manche Leser strittig bleiben.
Die Eulenhasser in den Hallenhäusern. Drei Verborgene ist gewissermaßen das Ergebnis von einem Jahr Rom: Jan Wagner hat ein dreifaltiges alter ego erfunden, drei Poeten, die für ihn hemmungslos Elegien aufs Papier werfen, das Korsett der Anagrammdichtung schnüren oder in der handfesten Sprache eines Bauern schwelgen: Philip Miller, Theodor Vischhaupt und Anton Brant. Jan Wagner selbst tritt als Herausgeber dieser drei Dichter auf, führt sie mit maßgeschneiderten Kurzbiographien ein und begleitet die Gedichte auch mit einem kommentierenden Apparat, samt Verweisen auf weiterführende Literatur. Ob es sich bei den drei Dichtern, die Jan Wagner als Herausgeber hier vorstellt, um wahrhaft existierende Größen handelt, ist ungewiss. Umso sicherer jedoch: Vers für Vers, Fußnote für Fußnote sind sie eine grandiose Erfindung.
Jan Wagner, geboren 1971 in Hamburg, lebt seit 1995 in Berlin. Lyriker, Übersetzer englischsprachiger Lyrik (Charles Simic, James Tate, Simon Armitage, Matthew Sweeney, Robin Robertson, Michael Hamburger u.v.a.) und freier Rezensent. 2001 erschien sein erster Gedichtband Probebohrung im Himmel. Es folgten Guerickes Sperling (2004), Achtzehn Pasteten (2007) und Australien (2010). Im Herbst 2012 erscheint bei Hanser Berlin der Gedichtband Die Eulenhasser in den Hallenhäusern. Drei Verborgene. Für seine Lyrik, die in dreißig Sprachen übersetzt wurde, wurde Jan Wagner vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Hölderlin-Preis der Stadt Tübingen und dem Kranichsteiner Literaturpreis. Im Jahr 2011 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom.
JAN WAGNER
RUND UM DEN KOMPASS
am Donnerstag, 05. April 2012
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz
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