Montag, 3. Januar 2011

Rückschau: Lesung am 24. Februar: YORCK KRONENBERG - EX VOTO


"Eine Entführung zu schildern wäre das eine gewesen: die Verschleppung eines freiwilligen Arztes und Menschenfreundes aus Deutschland durch aufständische Einheimische im globalen Bürgerkriegsgebiet, irgendwo zwischen Bosnien, Irak und Afghanistan. Yorck Kronenbergs Erzählung Ex voto jedoch ist eine Entführung: Mitten hinein in seine Phantasmagorie von Macht und Ohnmacht, Wissen und Glauben, Fernsehnachricht und Fiktion verschleppt er die Leser, macht sie zu Zeugen und Mitwissern unaufklärbarer Geheimnisse und kultischer Handlungen im Niemandsland zwischen Archaismus und Postmoderne. Vor dem Hintergrund einer ebenso großartigen wie unmenschlichen, bald lebensbedrohlichen, bald Erlösung verheißenden, aber immer wieder großartig geschilderten Naturkulisse entspinnt sich ein virtuoses Spiel mit Projektionen und Reflexen, dessen Sinn sich erst erschließt, wenn der Leser als der Entführte realisiert, dass er selber es ist, der dieses Spiel steuert und vorantreibt. Wo Kafkas Antiheld Vor dem Gesetz bis zum Tode verharrte, gelingt Kronenbergs Entführtem, kaum zum Anführer der eigenen Entführer aufgerückt, tatsächlich die Flucht – wenn auch nur, um am Ende ganz bei sich zu bleiben."
Joachim Helfer

Yorck Kronenberg, geboren 1973 in Reutlingen, ist Pianist, Komponist und Schriftsteller. Bekannt wurde er 2001 mit einer Einspielung der Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach. 2002 erschien sein Debüt-Roman Welt unter im Nautilus-Verlag. Yorck Kronenberg lebt und arbeitet in Berlin. Mit Ex voto, 2011 im Literaturverlag Droschl erschienen, ist ihm ein außergewöhnlicher, spannender Roman um politische Mythen von heute gelungen.

YORCK KRONENBERG - EX VOTO
am Donnerstag, 24. Februar 2011
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz


Ich fang nochmal an... für Wortkünstler.

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