Sonntag, 13. November 2011

Rückschau: Lesung am 26. April: ALEXANDER GRAEFF - RENÉ GLASE: MINKOWSKIS ZITRONEN



Minkowskis Zitronen ist eine Sammlung von Erzählungen – klassische wie experimentelle. Die Geschichten exemplifizieren und reflektieren die Erinnerungen, Gedanken und Erfahrungen ihrer Protagonisten und Protagonistinnen. Ohne zu theoretisieren, gelingt es Graeff, das immerzu gegenwärtig Musterhafte innerhalb von Beziehungen zwischen Menschen aufzuzeigen: die verborgenen psychologischen wie mythischen Muster, die den zwischenmenschlichen Raum prägen, werden freigelegt. Die Geschichten zeigen mehr, als dass sie etwas aussagen. Sie sind Beispiele existentieller Lebensereignisse mit ihrer mitunter surrealen Anziehungskraft.



René Glase ist Mitbegründer der Berliner Band The Midges, Mitstreiter in unterschiedlichen Musikprojekten von Rock bis Jazz und aktuell bei dem Elektro-Avantgarde-Projekt KOMA69 tätig. Seit 2006 sammelt er Erfahrungen in der Bespielung von Literaturveranstaltungen und versteht sich eher als Klangexperimentator, Musiker und Techniker für hörbare und nicht hörbare Frequenzen, als die Grenzen der Musik überschreitender Bassist, als unersetzlicher Begleiter von tonalen Gruppierungen, in denen Wort und Musik auf gleicher Stufe stehen.


Alexander Graeff studierte Wirtschafts-, Ingenieur-, Erziehungswissenschaften und Philosophie in Karlsruhe und Berlin. Er lebt und arbeitet als Autor in Berlin. Ergebnisse seiner Schöpfungsprozesse sind gleichermaßen philosophische Essays sowie erzählende Prosa. Alexander Graeff scheut sich nicht vor Literaturmischformen, Text-Bild-Transformationen und transdisziplinärem Arbeiten. Mit seinem zweiten Buch Minkowskis Zitronen legt Alexander Graeff dreizehn neue Erzählungen vor und bleibt dabei seiner individuellen Ästhetik treu, wie er sie bereits in Gedanken aus Schwerkraftland (2007) mit Erzählungen und Prosafragmenten entwarf.

ALEXANDER GRAEFF - RENÉ GLASE
MINKOWSKIS ZITRONEN
Ein literarisch-musikalischer Ausflug
am Donnerstag, 26. April 2012
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz

Rückschau: Lesung am 19. April: DORIS WIRTH - KINDERSPIELE


Eine Frau sucht ihre Kinderfreundin und findet lediglich eine lächelnde Schablone. Sich erinnernd versucht sie aufzuspüren, was war: Mini-Eiscreme in silbernen Tüten, eine Papierseilbahn, deren Faden riss, eine bügelnde und rauchende Mutter, Barbie-Spiele und eine Hochzeit. Andere Geschichten erzählen von Aufbrüchen: Von einem alternden Musiklehrer, der noch einmal die Liebe wagt, oder von einem antriebslosen Mann, der sein Bett verlässt, um eine neue Sprache zu lernen. Von lange Verschwiegenem in kleinen Dörfern: In „lieu d`origine“ füttert ein Mädchen Schweine, das Familiengeheimnis erfährt sie erst Jahrzehnte später.
Für musikalisches Zwischenspiel sorgt Mark Stewart.


Doris Wirth, 1981 in Zürich geboren, lebt und schreibt in Berlin. Sie sehnt sich nach den Bergen, vermisst die Kehllaute und liebt die grasbewachsenen Ebenen der Stadt. Sie studierte Germanistik und Filmwissenschaft, arbeitete als Bademeisterin und bei UNICEF. Sie hat in verschiedenen Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht, zuletzt Anna Palipnova in poet 12. Ihre Erzählungen und Kurzgeschichten wurden mehrfach ausgezeichnet.


Mark Stewart ist ein Gitarrist aus Neuseeland, er lebt in Berlin. Er war Teil der Neuseeländischen Noise/Indie-Szene, inzwischen konzentriert er sich aber auf klare, hallende Stücke und Lieder.

DORIS WIRTH - MARK STEWART
KINDERSPIELE
am Donnerstag, 19. April 2012
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz

Rückschau: Lesung am 12. April: METRO-POLINNEN KICK; KRIEG UND KATASTROPHEN


Aska und Renka – zwei Polinnen in Berlin. Die Küche ist der wichtigste Raum ihrer Wohnung. Hier geht es hoch her. Hier werden nicht nur polnische Bouletten gebraten, hier wird vor allem diskutiert. Wie ist das zum Beispiel mit der Verteilung von arm und reich – wie kann man überleben am Rand der Gesellschaft? Und wie steht es mit Helmut, dem argwöhnischen Nachbarn, und der deutsch-polnischen Völkerfreundschaft? Wie lebt es sich überhaupt als Migrantin in Deutschland zu Zeiten Thilo Sarrazins? Und wie ist das mit der Emanzipation und der idealen Frau – lieber das deutsche oder das polnische Modell – Treter oder Lackschuh? Fragen über Fragen, die Renka und Aska ihrem Alltag abgelauscht haben, und die sie in ihrer Küche in der Berliner Damaschkestraße ausgiebig diskutieren müssen. Das braucht so seine fünf Minuten... Oder auch fünf mal fünf Minuten - osteuropäischer Irrwitz. Aska und Renka nutzten jedes gängige Klischee und nehmen vordergründig ihre polenstämmigen Landsfrauen ordentlich auf den Arm. Sie beschränken sich aber nicht nur auf das Ausschlachten billiger Stereotypen, sondern halten auch der Gesellschaft den Spiegel vor.

METRO-POLINNEN
KICK; KRIEG UND KATASTROPHEN
am Donnerstag, 12. April 2012
ab 21.00 Uhr
im
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz

Rückschau: Lesung am 5. April: JAN WAGNER - RUND UM DEN KOMPASS


(c)Villa Massimo - Alberto Novelli

„Jan Wagner erneuert das Gedicht als kürzeste Gattung der Erzählkunst.“ FAZ

Sprache wird auf Kundschaft ausgeschickt. Australien zeigt den Lyriker Jan Wagner als Reisenden, rund um den Kompass und ans andere Ende der Welt, quer durch Raum und Zeit. "Man ist glücklich in Australien, / sofern man nicht dorthin fährt" - diese Verse von Alvaro de Campos hat Jan Wagner zum poetischen Programm einer Weltreise umgemünzt. Auch in Achtzehn Pasteten wandert ein Nomadenauge durch die Welt, das sich mit Vorliebe an Einzelnes, Flüchtiges heftet, das von Amerika bis nach Litauen blickt, hinauf zu den Sternen und hinab ins Bergwerk. Alle Jahreszeiten wehen durch dieses Panorama, am nachdrücklichsten der Winter mit dem Schnee, überall funkelt es, nicht nur am Esstisch, und ob die Pasteten das Zentrum dieser lyrischen Landschaft bilden, wird für manche Leser strittig bleiben.

Die Eulenhasser in den Hallenhäusern. Drei Verborgene ist gewissermaßen das Ergebnis von einem Jahr Rom: Jan Wagner hat ein dreifaltiges alter ego erfunden, drei Poeten, die für ihn hemmungslos Elegien aufs Papier werfen, das Korsett der Anagrammdichtung schnüren oder in der handfesten Sprache eines Bauern schwelgen: Philip Miller, Theodor Vischhaupt und Anton Brant. Jan Wagner selbst tritt als Herausgeber dieser drei Dichter auf, führt sie mit maßgeschneiderten Kurzbiographien ein und begleitet die Gedichte auch mit einem kommentierenden Apparat, samt Verweisen auf weiterführende Literatur. Ob es sich bei den drei Dichtern, die Jan Wagner als Herausgeber hier vorstellt, um wahrhaft existierende Größen handelt, ist ungewiss. Umso sicherer jedoch: Vers für Vers, Fußnote für Fußnote sind sie eine grandiose Erfindung.

Jan Wagner, geboren 1971 in Hamburg, lebt seit 1995 in Berlin. Lyriker, Übersetzer englischsprachiger Lyrik (Charles Simic, James Tate, Simon Armitage, Matthew Sweeney, Robin Robertson, Michael Hamburger u.v.a.) und freier Rezensent. 2001 erschien sein erster Gedichtband Probebohrung im Himmel. Es folgten Guerickes Sperling (2004), Achtzehn Pasteten (2007) und Australien (2010). Im Herbst 2012 erscheint bei Hanser Berlin der Gedichtband Die Eulenhasser in den Hallenhäusern. Drei Verborgene. Für seine Lyrik, die in dreißig Sprachen übersetzt wurde, wurde Jan Wagner vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Hölderlin-Preis der Stadt Tübingen und dem Kranichsteiner Literaturpreis. Im Jahr 2011 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom.

JAN WAGNER
RUND UM DEN KOMPASS
am Donnerstag, 05. April 2012
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz

Rückschau: Lesung am 29. März: OLIVER G. WACHLIN - TOTENSONNTAG


09. November 1989: Westberlin versinkt im Chaos des Mauerfalls, und Hauptkommissar Knoop kann sein freies Wochenende vergessen. Auf den Straßen ist die Hölle los, und am Wannseeufer wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Sie trägt Schlittschuhe. Aber der Wannsee ist nicht zugefroren. Nicht mal ansatzweise.
Knoop muss ermitteln. Keine einfache Sache, wenn die Spurensicherung im Stau steckt und die Stadt in einer Schaumweinorgie untergeht. Wildfremde Menschen fallen sich in die Arme, Politiker beschwören mit Pathos das Ende der Teilung der Stadt. Doch Knoop glaubt nicht an ein Wunder, im Gegenteil: Er weiß, dass es in der DDR kaum motorisierte Fahrzeuge gibt. Und plötzlich bringen zigtausende von knatternden Trabis den Verkehr in der Stadt komplett zum Erliegen? Da stimmt was ganz entschieden nicht. Knoop ist sicher, der ganze Mauerfall ist ein Fake - ein cleverer Coup des Warschauer Paktes - eine getarnte Invasion der Russen. "Die öffnen die Mauer und Westberlin fällt! Ohne einen einzigen Schuss!"



Sie können unterschiedlicher nicht sein: Liliana Petkovic, Schwäbin kroatischer Abstammung, die stets dynamisch und zeitnah Ergebnisse sehen will und die neuen Bundesländer für „begrenzt entwicklungsfähig“ hält, und Romeo Schwartz, der gelernte Volkspolizist mit der dunklen Hautfarbe, der die Dinge am liebsten langsam und betulich, dafür aber umso überlegter angehen lässt. Ost-westliche Ressentiments und Missverständnisse machen den Ermittlern zu schaffen. Es knirscht und knackt mächtig zwischen beiden, und dennoch müssen sie, wie es die Petkovic ausdrückt, "als Team funktionieren." Zu viel steht für die Kriminalisten auf dem Spiel, "denn das Verbrechen schläft bekanntlich nie". Auch nicht im schönen Sachsenland.

Oliver G. Wachlin, Jahrgang 1966, lebt und arbeitet als freier Autor und Dramaturg in Berlin und kennt beide Seiten der ehemaligen Mauerstadt. Im Ostteil saß er wegen "versuchter Republikflucht" im Gefängnis, im Westen lebt er heute mit Familie an den Schauplätzen dieses Kriminalromans. Nach Tortenschlacht und Wunderland ist Grenzwärts sein dritter Kriminalroman für den Emons-Verlag.

OLIVER G. WACHLIN
TOTENSONNTAG
am Donnersta, 29. März 2012
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz