Montag, 28. Mai 2012

Rückschau: Lesung am 24. Mai: INGER-MARIA MAHLKE - ALJOSCHA BRELL - HANNES BECKER FREISCHWEBEND

Es war dunkel im Flur, die Wohnzimmertür geschlossen, eine schmale Linie Licht fiel durch den Spalt zwischen Tür und Schwelle. Er zögerte, die Hand erhoben, unsicher, ob er anklopfen oder die Klinke hinabdrücken sollte. Es war seine Wohnung.

Inger-Maria Mahlke, Jahrgang 1977, studierte Rechtswissenschaften in Berlin und war Projektmitarbeiterin am Lehrstuhl für Kriminologie. 2005 war sie Teilnehmerin der Werkstatt für Nachwuchsautoren unter der Leitung von Herta Müller, 2008 Autorenwerkstatt der Jürgen-Ponto-Stiftung. 2010 erschien ihr Debüt-Roman Silberfischchen, für den sie mit dem Klaus-Michael-Kühne-Preis des Harbour Front Literaturfestivals ausgezeichnet wurde.

Es gibt für mich einigen Grund, hier zu beginnen. Es waren wohl Dinge, es gab wohl Dinge, die mich auf den Weg brachten; ich folge ihnen, aber erst, seit sie hinter mir liegen, ist es überhaupt von Bedeutung, dass sie da sind, ich verliere sie aus dem Blick.

Hannes Becker, Jahrgang 1982, studierte Neuere deutsche Literatur, Geschichte und Amerikanistik in Berlin und am Deutschen Literatur-Institut in Leipzig. Er ist Mitglied der Vereinigung 1. Februar und bloggt auf "Untergehenden Schiffen"

Alle Menschen haben Teil an der Idee der Schönheit, die unerreichbar hoch über den Köpfen der Erdenbewohner in einem Ideenhimmel schwebt. Es hat ein jeder vorgeburtlich an einer himmlischen Modenschau teilnehmen dürfen, bei der die Schönheit selbst ihre Hüfte über den Laufsteg geschwungen hat. Dann wurde sein bisschen Seele in den stinkenden, verfaulenden Sarg Körper gestanzt und im hohen Bogen aus dem Himmel auf die Erde getreten. Seither versuchen die Menschen, ihre Körper der pränatal geschauten Schönheitsidee anzugleichen und bekommen es doch nie ganz hin, so erklärt es sich auch, dass auf den Straßen, in den U-Bahnen, den Universitäten und Warenhäusern alle irgendwie gleich aussehen. Bloß einer ist durch einen Verwaltungsfehler von der himmlischen Schönheitsschau ausgeschlossen geblieben, stand vor verschlossenen Türen, nach Veranstaltungsbeginn lassen die Türsteher niemanden mehr herein, und das ist Kress.

Aljoscha Brell, Jahrgang 1980, arbeitet vier Tage pro Woche als Programmierer und studiert am verbleibenden fünften Tag Philosophie und Neuere Deutsche Literatur in Berlin. 2008 war er Teilnehmer der Autorenwerkstatt Prosa im Literarischen Colloquium Berlin. 2009 erhielt er ein Alfred-Döblin-Stipendium der Berliner Akademie der Künste. Veröffentlichungen von Kurzprosa in Zeitschriften, u.a. in Lichtungen und Sprache im technischen Zeitalter. Gegenwärtig arbeitet er an seinem ersten Roman Kress.

INGER-MARIA MAHLKE - ALJOSCHA BRELL - HANNES BECKER
FREISCHWEBEND
am Donnerstag, 24. Mai 2012
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz

Rückschau: Lesung am 17. Mai: HANNES KÖHLER - JANIN JOHANNSEN DIE VERSCHOBENE PREMIERE

Im April 2011 feierte Hannes Köhler die Premiere seines Romans In Spuren im ORi in Neukölln. Eigentlich sollte Janin Johannsen schon damals die Buchpremiere mit ihren wunderbaren Songs begleiten. Doch der Zufall wollte es anders. Was damals nicht sein sollte wird nun, fast ein Jahr später, nachgeholt – sozusagen einer verschobenen Premiere.

Hannes Köhler liest aus neuen Texten, unter anderem Auszüge aus seinem zweiten, in Arbeit befindlichen Roman. Janin Johannsen wird den Abend mit einigen Liedern umrahmen, deren melancholische Töne in Verbindung mit ihrer unverwechselbar rauchigen Stimme dazu beitragen werden, dass dieser Abend wirklich eines Feiertags würdig ist.

Hannes Köhler, geboren 1982 in Hamburg, Mitbegründer der Autorengruppe Die Lautmaler, lebt seit 2001 in Berlin. 2011 erschien sein Debüt-Roman In Spuren im Mairisch Verlag.

Janin Johannsen "sings about goodbyes, high futures and about weathermen who forecast the unseen. Her eyes are glowing lights in the night seeking a way back home or something totally new." Ihr Album Overwhelming Large Telescope ist 2008 erschienen.

HANNES KÖHLER
JANIN JOHANNSEN
DIE VERSCHOBENE PREMIERE
am Donnerstag, 17. Mai 2012
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz

Rückschau: Lesung am 10. Mai: LYRIK_TO_GO oder MANCHMAL LIEGT BERLIN AM MEER

mit großen Augen schauen die
Ferienwohnungen den letzten
Gästen nach

Verdichtet, Szenerien:
Die Lobby der Kassenärzte trifft sich morgens beim „Walking on Zahnfleisch“. Händchen haltend zelebriert sie Frühling im Park. Sonnige Gesichter, die sich ineinander spiegeln. Ihre Gehstöcke: unverpackte Werbegeschenke. Eine Lobby denkt laut: „Manchmal liegt Berlin am Meer.“ Eine andere hat eine satte Möve am Heimteich mit einem Detektor aufgestöbert. Daneben zitiert ein Kranich ein Naturgedicht (Rilke?). Keiner glaubt, verrückt zu sein. Aufgepushte Wiesengänger, denen aufgepushte Wiesengänger mit Stielaugen nix anhaben können. Private Entspannungslieder dröhnen aus warmen Wolken in die Retro-Ohrmuscheln. Die Schwundstufen der Unberechenbarkeit sind fast überwunden. Jetzt ist Mittag. muxmäuschen gehen Leckmuscheln sammeln. Schmetterlingskästen geben wieder Klopfzeichen. Die Seufzerlandschaft hat sie tatsächlich alle eingeholt.

Synke Köhler: 1970 geboren und aufgewachsen in Dresden, Psychologiediplom, Tätig als Grafikerin, diverse Jobs, Studium an der Drehbuchwerkstatt München, Autorin für Film und Literatur, lebt und schreibt in Berlin. Veröffentlicht Lyrik und Kurzprosa in Zeitschriften und und Anthologien (u.a. freie radikale, Jahrbuch der Lyrik), diverse Preise und Stipendien (2011 in Schöppingen und Ventspils/Lettland). 2011 erschien ihr Lyrikband „waldoffen“ in der Lyrikedition 2000.

Simone Kornappel: geboren in Bonn, Mitherausgeberin der randnummer-Literaturhefte, im Herbst 2012 erscheint ihr Lyrikdebüt „raumanzug“ bei luxbooks.

Lutz Steinbrück: geboren 1972 in Bremen, literaturwissenschaftliches Studium in Oldenburg/Nds., lebt und arbeitet in Berlin. Schreibt Gedichte, Artikel, Songs & Songtexte. Gedichtbände „Fluchtpunkt:Perspektiven“ (Lunardi, 2008) und „Blickdicht“ (Verlagshaus J. Frank, 2011), weitere Lyrik-VÖ in Zeitschriften, Anthologien und online.

Bastian Winkler: geboren 1977 bei Hannover, lebt und arbeitet in Berlin. Studium am Hildesheimer Institut für literarisches Schreiben. Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien. 2003 erschien der Gedichtband quengelszungen (Clamot).

LYRIK_TO_GO oder MANCHMAL LIEGT BERLIN AM MEER
Lyrik von und mit Synke Köhler, Simone Kornappel, Lutz Steinbrück, Bastian Winkler
Mehr Details und Rezepte am
Donnerstag, 10. Mai 2012
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz

Rückschau: Lesung am 5. Mai: TANJA DÜCKERS - BERTRAM DENZEL FUNDBÜROS UND VERSTECKE


© Anton Landgraf

In ihrem neuesten Gedichtband Fundbüros und Verstecke erhebt Tanja Dückers Einspruch gegen die Schwerkraft, besingt das Fallen, setzt an zum Fliegen – und folgt dabei dem roten Faden, »der unsere Leben / zusammenhielt«. Sie umkreist die Welt, findet sie im Nahen wie im Fernen, in ausgedehnter Zeit wie in der Flüchtigkeit. Reisen haben immer eine existenzielle Dimension. Tanja Dückers’ Poesie ist mal melancholisch, mal träumerisch, oft spielt sie mit schroff ironischen Kontrasten. Inspiriert von Märchenmotiven und urbaner Alltagspoesie erkundet Tanja Dückers das Zusammenspiel von Öffentlichem und Privatem in Hommagen an Emily Dickinson, Hans Magnus Enzensberger und Fernando Pessoa. Unter dem Motto »Man kommt nicht los / von dem was man nicht kennt«, blickt sie »über den Tellerrand der Erde« und spiegelt kritisch unsere Gegenwart: »Zeichen am Himmel / auch wir«.

Tanja Dückers, Jahrgang 1968, Germanistin, Kunsthistorikerin, Journalistin, Autorin von Gedichten, Essays, Romanen und Erzählungen, erhielt für ihre Bücher zahlreiche Stipendien und Preise. 2006 wurde sie vom Deutschen Historischen Museum zu den zehn wichtigsten Schriftstellern unter 40 und den 100 kreativsten Köpfen Deutschlands gewählt. 2010 erschien ihr Westberlin-Roman Hausers Zimmer. Tanja Dückers lebt mit ihrer Familie in Berlin.


Bertram Denzel, Jahrgang 1969, aufgewachsen u.a. in Spanien und Frankreich, lebt und arbeitet seit 1988 als DJ und Musiker in Berlin. Als Teil des Elektronikduos Denzel+Huhn veröffentlichte er zuletzt die LP/CD Paraport (CCO 2007), als Filmkomponist schuf er u.a. die Musik der Tatortfolge zum 40. Jubiläum der Reihe. Er begleitet Tanja Dückers´ Schaffen schon seit Jahren musikalisch, 2004 erschien die gemeinsame CD Mehrsprachige Tomaten (St. Oberholz Verlagsanstalt).

TANJA DÜCKERS - BERTRAM DENZEL
FUNDBÜROS UND VERSTECKE
am Sonnabend, 5. Mai 2012
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz