Sonntag, 6. September 2009

Rückschau: Lesung am 29. Oktober: PROVINZ TRIFFT HAUPTSTADT


Photo: K. Holtz

Dass Künstler – Schriftsteller nicht ausgenommen – oft schwer erträgliche Zeitgenossen sind, ist nichts Neues. Edward Estlin Cummings soll Ezra Pound einmal vorgeworfen haben: „Du verdammter Sadist: Du versuchst, deine Leser zum Denken zu zwingen.“ Auf dieser Grundlage bekennt sich Mark Pätzold gerne dazu, ebenfalls ein Sadist zu sein.
Mark Pätzold, geboren in dem Jahr, in dem die europäische Wirtschaft unter den Folgen der Ölkrise litt, US-Präsident Nixon wegen der Watergate-Affäre zurücktrat, die Türkei in Zypern einmarschierte und die deutsche Nationalelf die Fussballweltmeisterschaft gewann, wuchs in Berlin auf, studierte Luft- und Raumfahrttechnik, Systemtechnik, Physik und Philosophie, arbeitete als Taucher, Journalist, Computertechniker, Grafiker, Designer, Mechaniker und Bauarbeiter. Neben der Leitung und Betreuung der Deutsch-Polnischen Autorenwerkstatt schrieb er Prosakolumnen und publizistische Beiträge für verschiedene Magazine und gab eine Literaturzeitschrift heraus. Neben anderen Auszeichnungen erhielt Mark Pätzold 2006 den Brigitte-Romanpreis für seinen Roman Sturzflug, 2008 verbrachte er als Gewinner des Literaturstipendiums der Stadt Vöcklabruck drei Monate in Österreich. Ebenfalls 2008 erschien Das Lachen am Ende der kippenden Leiter – Kurzprosa und Kolumnen.
Nach dem Abitur meldete Mark Pätzold sich freiwillig zum Dienst in einer Fallschirmjägereinheit der Bundeswehr, eine Erfahrung, die er bis heute immer wieder literarisch verarbeitet. Womit nicht gesagt wäre, dass in der Bundeswehr ausschließlich Sadisten sind. Allerdings auch nicht unbedingt Schriftsteller.




Mike Bartel ist kein Sadist, sondern ein freundlicher Zeitgenosse und liebender Familienvater. Er wurde 1962 in Pforzheim geboren. Das war das Jahr, in dem Hamburg eine der schwersten Sturmfluten des Jahrhunderts heimsuchte, Algerien, Angola, Burundi, Jamaika, Ruanda, Uganda, sowie Trinidad und Tobago ihre Unabhängigkeit erhielten und Monaco sich eine neue Verfassung gab.
Mike Bartel ist um den Wehrdienst durch mysteriöse Umstände herum gekommen und Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller. Als Journalist verdient er seinen Lebensunterhalt. Als Schriftsteller ist er Verfasser mehrerer satirischer und zeitgeschichtlicher Bücher und Beiträge in überregionalen Zeitungen und Zeitschriften, im Hörfunk, in Anthologien des Fischer-Verlags und im Lyrik-Express der Deutschen Bahn. Sein Repertoire umfasst literarische Texte zu Schmuck, für Gottesdienste und auf Toilettenpapier. 1998 wurde er dafür mit dem Förderpreis des Kunstministeriums Baden-Württemberg ausgezeichnet. Lesen wird er Kurzgeschichten aus seinem Buch Wie uns Froschschenkel die Orientierung erleichtern und darüber hinaus Kostproben seiner unernsten Lyrik geben, die selbst dem großen Robert Gernhardt gefiel. Von dem ist nicht bekannt, ob er Militarist oder Sadist war. Ezra Pound übrigens fand den Tod in Venedig.


Mark Pätzold und Mike Bartel - Provinz trifft Hauptstadt
am Donnerstag, 29. Oktober 2009
ab 21.00 Uhr
im ORi
Friedelstraße 8
U-Bahnhof Hermannplatz

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